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St. Annen-Museum

Orte der Forschung

Das St. Annen-Museum gilt als eines der schönsten Museen Deutschlands. Es befindet sich in den Räumen des ehemaligen St. Annen-Klosters, das 1502 zur Unterbringung der unverheirateten Töchter Lübecker Kaufleute gegründet wurde.

Hier taucht der Besucher in eine andere Welt ein. Im Kreuzgang des ehemaligen Klosters haben viele der großen alten Meisterwerke Lübecks und seiner Umgebung einen historischen Ort gefunden. Das Museum präsentiert die Welt des Mittelalters in Lübeck vom 13. bis zur ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Mit seinen 28 prächtigen Altären, seinen Tafelbildern und etlichen Holz- und Kalksteinskulpturen gehört es zu den bedeutenden Museen der Bundesrepublik.
Krönung der Sammlung ist der kostbare und weit über die Grenzen Lübecks hinaus bekannte Passionsaltar des großen südniederländischen Malers Hans Memling. Er wurde im Auftrag der Lübecker Familie Greverade 1491 für den Dom geschaffen und zählt zu den kostbarsten Schätzen der Stadt.
Die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, die bunte, vielfältige und detailreiche Welt auf diesem Meisterwerk der Altniederländischen Malerei ebenso wie auf den imposanten Schnitzaltären zu entdecken. Sie erzählen viel über das Leben im Mittelalter.

Das Wohnzimmer des Weltkulturerbes

Wer die Altstadt Lübecks durchwandert mit ihrem romanischen Straßennetz, den rund 4.500 Grundstücksparzellen, den Giebel- und Traufenhäusern, den Gängen und den mittelalterlichen Kirchen, Klöstern, Stiften, dem Rathaus und dem Holstentor, erfährt viel über das äußerlich Sichtbare dieses Kulturerbes. Aber er wird so gut wie nichts vom Leben hinter den Mauern sehen. Wie wohnten und lebten die Bürger, Kaufleute und Handwerker hinter den Fassaden ihrer Backsteinhäuser?
Davon kann sich der Lübeck-Besucher heute nur noch im St. Annen-Museum ein Bild machen: Das Museum ermöglicht gewissermaßen den Blick ins Wohnzimmer des Weltkulturerbes. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert kann der Besucher erleben, wie die Menschen in Lübeck gelebt und mit welchen Dingen sie sich umgeben haben. 25 Epochen- und Themenräume gewähren diesen Blick hinter die Kulissen des Weltkulturerbes.
Es entsteht ein facettenreiches Bild lübeckischer Kulturgeschichte von den kleinen Dingen des Alltags bis zu kunstvollen Schauobjekten aus Silber, Fayence, Porzellan und Glas. Die Selbstverwaltung und Repräsentation der Hansestadt, ihre gesellschaftlich aktiven Gruppen und ihr Musikleben, aber auch die private Lebensart der Kaufleute von ihrer Wohnungseinrichtung bis zur Kleidermode sind nur einige der Themen, die dort anklingen.

Bibliothek
Für den interessierten Laien und Wissenschaftler steht eine umfangreiche Präsenzbibliothek mit Werken speziell zu Lübecker Kunst und Altertümern und zur lübeckischen Geschichte zur Verfügung sowie zu allgemeinen kunsthistorischen und spezifisch kulturgeschichtlichen Themen. Darüber hinaus bietet das reichhaltige Fotoarchiv Quellenmaterial ersten Ranges.

In der gegenwärtigen Forschungssituation erweisen sich folgende Themenbereiche als Desiderate:

Für den Mittelalter-Bereich:

  • Wie präsentiert man heute mittelalterliche Kunst? – Eine Untersuchung zum Stellenwert christlicher Kunst in Europa in einer zunehmend multikulturellen Gesellschaft.
  • Differenzierende Untersuchungen einzelner Bildtafeln und Bildwerke und Rekonstruktion ihres ursprünglichen Gesamtzusammenhanges.
  • Vergleichende Studien zu den Altären in Lübecker Kirchen — auf der Grundlage von Uwe Albrechts Corpus-Band, der auch die im Krieg zerstörten Werke mit einschließt.
  • Eine naturwissenschaftlich-technische Analyse der Steinskulpturen des St. Annen-Museums aus der Zeit um 1400, deren Ziel es ist, sowohl das (Stein-)Material bestimmten geographischen Regionen zuzuordnen als auch Handelswege und kulturelle Beziehungen zu verfolgen sowie den künstlerischen Austausch zwischen den Kulturzentren zu erschließen.

Für den Bereich der bürgerlichen Kultur in Lübeck:

  • Erstellung von wissenschaftlichen Bestandskatalogen zu den verschiedenen Sammlungsgebieten, insbesondere zu den Möbeln, Porzellan, Fayencen, Glas und Textilkunst.
  • „Ein Gewand für die Wand“: Im Museum haben sich — neben bemalten Holzpaneelen, auf Leinen in Öl gemalten und in Leder geprägten Wandverkleidungen — Papiertapeten vom späten 18. Jahrhundert bis um 1930 erhalten. Diese korrespondieren mit den häufig in denkmalgeschützten Häusern Lübecks vorgefundenen originalen Drucktapeten. Um diese eindeutig datieren und die notwendige Wertschätzung im Prozess der Sanierung begründen zu können, aber auch den wertvollen Bestand des Museums unter verschiedenen Gesichtspunkten zu erschließen, bietet sich eine Studie zu den künstlerischen, rezeptionsästhetischen und wirtschaftsgeschichtlichen Hintergründen der Papiertapete in Lübeck an.
  • „Lübecks Weg zur Musikstadt“: Musikinstrumente als Geschenke von Lübecker Bürgern, Musikern, Instrumentenbauern und Kirchengemeinden sowie gezielte Ankäufe aus Nachlässen haben eine interessante Sammlung mit ungewöhnlichen Stücken wie Trompetengeige, Großbasspommer oder Nähkästchenklavier entstehen lassen. Sie geben Zeugnis von einem regen Musikleben in der Stadt, der Pflege von Kirchen-, Haus- und Schulmusik auf hohem Niveau. Anhand der Sammlung sowie der Noten-Autographen und -drucke in der Stadtbibliothek ließe sich die Entwicklung Lübecks zum Musikfestivalzentrum des Nordens erschließen.
  • „Trinken in Lübeck“: Die Provenienz der Barock-Gläser im St. Annen-Museum und die damit verbundenen Trinkrituale im politischen, gesellschaftlichen und privaten Leben der Stadt verlangen nach Kennerschaft im differenzierten Feld der Glaskunst und Anwendung geschichtswissenschaftlicher Methoden, um den Einfluss einer verbreiteten Kulturtechnik auf die materielle Kultur einer Gesellschaft zu erschließen. Anhand des umfangreichen und vielgestaltigen Glas-Bestandes im Museum und durch die Quellenanalyse im Stadtarchiv zu Luxusordnungen, Gastereien, politischen Ereignissen im Verlauf der Jahrhunderte ließen sich offene Fragen wissenschaftlich aufarbeiten.