Neben dem Brandenburger Tor, dem Kölner Dom und der Münchener Liebfrauenkirche gibt es wohl kaum ein anderes deutsches Bauwerk, das sich weltweit einer derartigen Popularität erfreut, wie das Lübecker Holstentor. Es ist das stolze Symbol der Geschichte Lübecks als reichsfreie Stadt und ihrer Vormachtstellung im Ostseeraum – und ein Inbegriff aller Vorstellungen von Hanse, Handel, Macht und Reichtum, mithin von allem, was die historische Bedeutung Lübecks ausmacht. Im Inneren des Baudenkmals, dem Museum Holstentor, geht es unter anderem um diese Themen. Hinter bis zu 3,50 Meter dicken Mauern befindet sich die Ausstellung „Die Macht des Handels“, denn auf dem Handel, dem Erfolg des Lübecker Kaufmanns gründete die Bedeutung der mittelalterlichen Stadt.
Das Tor
Das Holstentor wurde in den Jahren 1464–78 vom Stadtbaumeister Hinrich Helmstede nach niederländischen Vorbildern errichtet und diente von Anfang an zugleich der Verteidigung wie der Repräsentation. Bei dem Gebäude handelt es sich um eine von zwei mächtigen Türmen gebildete Doppelturmanlage mit schiefergedeckten Kegeldächern, deren Mitte ein Zwischentrakt bildet, in dem sich das rundbogige Durchgangstor befindet. Zwei das Tor umlaufende Terrakottafriese als Gurtbänder binden die gesamte Anlage optisch zusammen und gliedern die Feldseite in nur drei Geschosse, obwohl sich davon im Inneren vier befinden. Den Zwischentrakt krönt ein mächtiger, erst 1864–71 in dieser Form errichteter Stufengiebel.
Über dem Durchfahrtsbogen befindet sich die vergoldete Inschrift „CONCORDIA DOMI FORIS PAX“ (Drinnen Eintracht Draußen Frieden), die, in leicht veränderter Form vom ehemaligen Vortor übernommen, erst im 19. Jahrhundert hier angebracht wurde. Der Charakter des gotischen Baus ist gegenüber der Feldseite grundlegend geändert. Sie ist überaus reich gegliedert und wirkt durch die horizontal geschichteten Blendenfolgen leichter als die Feldseite. Über der Durchfahrt ist die Widmungsinschrift zu lesen: „1477 S.P.Q.L. 1871“, die erst anlässlich der Vollendung der Restaurierungsarbeiten im Jahre 1871 angebracht wurde. Auf diese Weise ist die Fertigstellung des Tores (1477) mit den Abschlussarbeiten der Restaurierung und der Reichsgründung (1871) verbunden. Damit wurde das Bauwerk zugleich zu einem deutschen Denkmal aufgewertet.
Insgesamt ist die Stadtseite, deren Mauern wesentlich dünner sind als die der Feldseite, künstlerisch stärker durchgebildet als die der Verteidigung dienende Seite. Jedem Besucher des heutigen Holstentors fällt die starke Neigung und das Einsinken seines Südturms auf. Die Ursache hierfür liegt in den Fundamentierungsarbeiten im 15. Jahrhundert. Die Türme stehen als Pfahlbauten auf morastigem Boden. Da nur die Türme isoliert auf einem solchen ,Schwellrost‘ stehen, der schwere Mitteltrakt aber keine solche Unterlagen besitzt, sackten die Türme ungleichmäßig in den Untergrund ein und neigten sich wegen des kolossalen Drucks des Mittelbaus einander zu. Erst 1933/34 konnte diese Bewegung gestoppt werden.
Der heutige Eindruck des Holstentors ist in vielem ein Ergebnis der im 19. und 20. Jahrhundert vorgenommenen Restaurierungen. Das alte Tor bot um die Mitte des 19. Jahrhunderts einen ruinösen Anblick. Schließlich, nach einer zehn Jahre dauernden Abrissdiskussion, beschloss die Bürgerschaft am 15. Juni 1863 mit 42:41 Stimmen, also mit nur einer Stimme Mehrheit, das Tor zu erhalten. Im gleichen Jahr begann man erstmals mit den Restaurierungsarbeiten. Die letzten dieser Art an dem mehr als 500 Jahre alten Gebäude erfolgten von 2004–06. Hierbei wurden die Schieferdächer, die Terrakottafriese und Teile des Mauerwerks erneuert, so dass das alte Tor heute in neuem Glanz erscheint.
Kontakt
Ansprechpartnerin: Dr. Dagmar Täube (Leitung)
Die LÜBECKER MUSEEN
Kulturstiftung Hansestadt Lübeck
St. Annen-Museum
St. Annen-Straße 15
23552 Lübeck
Tel. (0451) 122-4134
E-Mail: mq@luebeck.de
Website: www.museum-holstentor.de