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Der Arbeitskreis „Lübeck im 20. Jahrhundert“

Forschen und vermitteln im Verbund


Im April 2017 hat sich auf Initiative des Archivs der Hansestadt Lübeck unter dem Dach des Zentrums für Kulturwissenschaftlich Forschung Lübeck (ZKFL) der Arbeitskreis „Lübeck im 20. Jahrhundert“ gegründet. Unter dem programmatischen Untertitel „Forschen und vermitteln im Verbund“ ist das Ziel des Arbeitskreises, in einem interdisziplinären Verbund von Forscher:innen die Geschichte Lübecks im 20. Jahrhundert in vergleichender Perspektive zu einem fest verankerten Wissenschaftsfeld in Lübeck zu machen. Sprecher des Arbeitskreises sind Dr. Jan Lokers, Direktor des Archivs der Hansestadt Lübeck, und Dr. Bettina Greiner, wissenschaftliche Leiterin des Willy-Brandt-Hauses Lübeck.

Im Fokus des Arbeitskreises steht die Hansestadt Lübeck im 20. Jahrhundert, aber auch der vergleichende Blick stand von Beginn an ausdrücklich als methodischer Zugang fest. Bis heute hat sich die zeitgeschichtliche Forschung im Land Schleswig-Holstein der Lübecker Historie kaum mit Nachdruck angenommen. Lübeck ist, resultierend aus der Sonderrolle der Stadt bis 1937 als Stadtstaat in Schleswig-Holstein, forschungspolitisch immer noch so etwas wie ein Sonderfall.
Seit Jahrzehnten sind in Schleswig-Holstein und Hamburg nachhaltige Anstrengungen unternommen worden, die Zeitgeschichte im Land bzw. in der Stadt voranzutreiben. Dies zeigen etwa die Forschungsstelle für regionale Zeitgeschichte und Public History (frzph) in Flensburg oder der Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein e.V. (AKENS). Trotz einer sehr guten Quellenlage und trotz der Tatsache, dass in der Hansestadt seit den 1980er Jahren von verschiedenen Interessierten Erhebliches zur Erforschung zeitgeschichtlicher Fragestellungen geleistet wurde (u.a. durch die Initiative „Stolpersteine“, die Geschichtswerkstatt Herrenwyk, das Museum Burgkloster mit seinen zeitgeschichtlichen Ausstellungen), ist die jüngere Geschichte Lübecks deutlich untererforscht.

Der noch junge Arbeitskreis will diese Lücke schließen. Historiker:innen und Kunsthistoriker:innen, Kultur- und Literaturwissenschaftler:innen, Musikwissenschaftler:innen, Laienforscher, Lehrer:innen und Studierende sowie historisch Interessierte aus vielen gesellschaftlichen Bereichen haben an diesen Sitzungen teilgenommen. Die Resonanz auf diese Initiative war und ist sehr ermutigend; an den jeweiligen Sitzungen nahmen bis zu 60 Personen aus Lübeck, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg teil.

Der Arbeitskreis Zeitgeschichte tagt zweimal jährlich, in der Regel im Mai und im November. Die Arbeitsformen wechseln zwischen Vorträgen bzw. Impulsreferaten, Plenumsdiskussionen oder Diskussionen in kleineren Arbeitsgruppen. Als fester Tagungspunkt hat sich die Sektion „Junge Zeitgeschichtsforschung“ etabliert.

Inhalte der bisherigen vier Sitzungen

Auf der Gründungssitzung im Mai 2017 wurden Grundsatzfragen der Methoden, Inhalte und Ziele des Arbeitskreises diskutiert. Der AK versteht sich als Plattform und Ort des Austausches und Ort zur Präsentation neuerer Arbeiten zur lokalen/regionalen Zeitgeschichtsforschung.

Wie „tickte“ Lübeck in der Zeit vom Ersten Weltkrieg bis zum Fall der Mauer 1989, welche „Eigenlogik“ hat die Stadt, wo liegen die Wurzeln für heutige Mentalitäten, Entscheidungsabläufe und Strukturen? Das, was sich gesamtgesellschaftlich entwickelt, entwickelt sich vielfach und am deutlichsten in den Städten, sagt die jüngere Zeitgeschichtsforschung. Die Stadt ist kein kollektiver Akteur, aber trotzdem ein wirkmächtiger Aktant – wo hat Lübeck in dieser Perspektive seinen Platz?

Die zweite Sitzung im November 2017 widmete sich unter dem Titel „Biographien und Biographieforschung – Netzwerke“ der Rolle von Biographien im Hinblick auf Handlungsspielräume, Handlungsalternativen, Ambivalenzen und Grenzen des Handelns.

In seiner dritten Arbeitssitzung im Mai 2018 widmete sich der Arbeitskreis der „Erinnerungskultur in Lübeck und Schleswig-Holstein“. Unter anderem sprach Marcus Meyer vom „Denkort Bunker Valentin“ unter dem Titel „Haben Gedenkstätten ein politisches Mandat?“ über die Rolle von Orten der Erinnerung an den Nationalsozialismus in unserer Gesellschaft.

Die vierte Sitzung im November 2018 machte unter dem Titel „Kunst, Kultur, Museen, Musik und Theater in Lübeck in der NS-Zeit“ Lübecks Kunst und Kunstschaffende in der Weimarer und NS-Zeit (Bildende Kunst, Theater in der NS-Zeit, Musik in der NS-Zeit) zum Thema. In konkreter Auseinandersetzung mit dem Quellenmaterial diskutierten die Teilnehmer:innen über mögliche Fragestellungen, Erkenntnisinteressen und Interpretationsfragen.

„Lübeck als Stadt an der Grenze während des Kalten Krieges“ stand im Mittelpunkt des 5. Arbeitskreistreffens im Mai 2019. Mit Vertreter:innen aus den Grenzmuseen in Lübeck-Schlutup und Schlagsdorf wurden Museumskonzepte diskutiert. Studierende der Universitäten Kiel und der Syddansk Universitet in Odense stellten ein Projekt zu Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfSt) zu Grenzübergangsstellen in der DDR vor.

Dank der Mitwirkenden und Initiatoren hat die Zeitgeschichte in Lübeck mit dem Arbeitskreis eine „Heimat“ gefunden. Der Arbeitskreis ist nicht nur Ort eines lebhaften Austausches, sondern setzt auch neue Impulse für die Erinnerungskultur in Lübeck. Die Zeitgeschichte in Lübeck lebt!

Ansprechpartner:

Dr. Jan Lokers
Archiv der Hansestadt Lübeck
Mühlendamm 1–3
23552 Lübeck
dr.jan.lokers@luebeck.de

Dr. Bettina Greiner
Willy-Brandt-Haus Lübeck
Königstraße 21
23552 Lübeck
b.greiner@bwbs.de